Fehler und Scheitern – eine Frage des wirtschaftlichen Erfolgs

Nahezu jedem passiert es irgendwann einmal: Ein Fehler ist unterlaufen oder eine Vorgabe, wie z.B. ein Thema wurde verfehlt. Wie geht man damit um? Aus Fehlern sollte man lernen – heißt es. Dies ist jedoch keine Regel, weder bei Menschen allgemein noch in Unternehmen. Eine „Kultur des Scheiterns“ gibt es in vielen Teilen Europas nur bedingt im Gegensatz zu den USA. Ein geschäftliches Scheitern wird von der Öffentlichkeit durchweg positiv beurteilt.

Viele amerikanische Erfolgsgeschichten aus der Wirtschaft handeln von wirtschaftlichen Pleiten, aus denen schließlich etwas Großes entstand. Als Beispiel ist der Weg von Max Levin zu nennen, der viermal scheiterte, ehe er mit „PayPal“ zum Global Player aufstieg. Besonders im deutschsprachigen Raum wird ein Scheitern im Business vor dem Hintergrund bewertet, welche Schäden eine Insolvenz mit sich bringt. Erst kürzlich gab es in Deutschland im rheinlandpfälzischen Landtag eine heftige Debatte, ob eine Pleite zum Unternehmertum dazugehört. Gestritten wurde über die Frage, ob ein Scheitern ein Aspekt unternehmerischen Mutes ist oder nur als solches zu sehen ist, wenn der Nutzen der Risikobereitschaft unterm Strich nicht den Schaden überwiegt. Kritiker behaupten, die amerikanische Auslegung von Pleiten widerspreche dem zentralen Prinzip der Marktwirtschaft: Ein Entscheidungsträger, ob Unternehmer oder Manager, sollte für sein Agieren haften.

Wie schaut es in der Realität aus. In der Regel wird als Erstes ein Sündenbock gesucht. Frust, Wut und Fehlverhalten werden auf diesen projiziert. Dahinter steht oft der menschliche Zug, Fehler selbst einzugestehen und somit ebenfalls diese bei anderen zu tolerieren. Dabei gehören Fehler von Kindesbeinen an bis zum Erwachsenenalter zum Lernprozess dazu. Wer das erste Mal auf eine heiße Herdplatte greift, weiß sofort, dies keinesfalls freiwillig zu wiederholen. Ein weiteres Beispiel, was sich gleichfalls auf das Geschäftsleben übertragen lässt, ist das Radfahren. Man startet mit einer Hilfe: den Stützrädern. Nach ein paar Versuchen werden diese demontiert. Ab jetzt gilt es, das Gleichgewicht ohne Hilfe zu halten. Die Erkenntnis erwächst, es ist nicht ganz einfach. Eventuell kommt es zum Sturz auf den harten Boden „der Tatsachen“. Im schlimmsten Fall gibt es ein paar blaue Flecken zumindest jedoch eine schmerzhafte Erfahrung. Bleibt das Kind nach dem ersten Versuch auf dem Boden liegen, probiert also nicht erneut, gibt sogar auf, so wird die Fertigkeit des Radfahrens nie ein Teil seiner Erfahrung sein. Gelingt es einem Kind auf dem Rad aber das Gleichgewicht zu halten, ist der Lohn ein kleines Stück Freiheit sowie Faszination der Fortbewegung und des Erfolgs.

Leider werden Pech haben, Niederlagen aushalten oder Fehler machen als Bestandteil des Lernprozesses bereits im Kindesalter per se schlecht oder unzureichend vermittelt. Wer einen Fehler macht, wird im Allgemeinen bestraft. Anstatt sich mit dem „Fehler“ auseinanderzusetzen, bzw. zu erklären, welche Alternativen es gibt, wird mit erzieherischen Maßnahmen gedroht. Wer etwas falsch macht, ist in den Augen einer breiten Mehrheit ein „Loser“. Geprägt von diesen Erfahrungen bzw. Dogmen werden Generationen nach der Schule, Lehre oder Universität in den beruflichen Alltag entlassen. Wie soll sich unter diesen Umständen eine Kultur des Scheiterns etablieren können? Demzufolge ist kaum verwunderlich, dass das probate Mittel des Sündenbocks oft eingesetzt wird. Zieht doch eine Niederlage neben der Schmach, ein „Loser“ zu sein auch unter Umständen eine Strafe nach sich. So haben wir es gelernt!

Scheitern und Fehler machen, ist Teil der menschlichen Natur. Das unterscheidet uns von Maschinen und Computern. Diese Apparaturen laufen im Prinzip ohne Probleme und erfüllen immer ihre monotone Arbeit, für die sie geschaffen wurden – außer es gibt einen technischen Defekt oder sie überaltern. Aus Fehlern kann erst Kreativität und damit Neues entstehen. Das Scheitern ist Teil der Persönlichkeitsentwicklung eines jeden Menschen. Jedoch wird genau das – eine Persönlichkeit – von Führungskräften erwartet. Ein paar berühmte Beispiele machen Mut, sich Fehler zu erlauben.

 

Thomas A. Edison (Erfinder u.a. der Glühbirne):

„I have not failed. I’ve just found 10,000 ways that won’t work.“

Thomas A. Edison

 

John Burroughs (US – Naturwissenschaftler und Künstler):

„A man can fail many times, but he isn’t a failure until he begins to blame somebody else.“

 

Soichiro Honda (Japanischer Unternehmer):

„Success represents the 1% of your work which results from the 99% that is called failure.“

 

Hinter jedem Zitat steht die Aussage, dass wir die Vorteile verstehen sollten, wenn wir Fehler machen. Vorausgesetzt, wir setzen uns damit auseinander und ziehen Rückschlüsse. Dabei ist es gleich, ob es sich um einen Fehler handelt, wie eine „schief“ gelaufene Präsentation, eine mangelhafte Produktentwicklung oder ein wirtschaftlicher Konkurs. Menschen in diesen Situationen muss eines zugutegehalten werden: Sie haben es probiert und sollten es ebenso weiter versuchen.

Andere zu kritisieren ist immer sehr leicht. Oft fallen die berühmten Worte: „Ich habe es gleich gesagt, dass es nicht funktionieren wird.“ Das kommt häufig von Menschen, die entweder nicht involviert sind oder die sich in einer Position befinden, die sie von Konsequenzen verschont. In diesem Punkt muss sich gleichermaßen etwas in der Gesellschaft und der Wirtschaft verändern. Ein mutiger wie reflektierter Umgang mit Fehlern ist gefordert. Es ist an der Zeit öffentlich und in Unternehmen für eine „Kultur des Scheiterns“ einzutreten. Läuft etwas anders als geplant, wird eine sachliche Reflexion unabdingbar, damit für Zukünftiges gelernt werden kann.

Hätte die Menschheit nie Fehler gemacht, wo wären wir heute? Wie soll es zu Innovationen kommen, als derzeit postulierte Voraussetzung des wirtschaftlichen Überlebens, wenn Fehler ein Tabuthema sind?

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