Der Kunde ist König! Ist er das?

Oft ist in der Presse von „Servicewüste“ zu lesen, Berichte über Kunden, die werden mit ihren Wünschen oder Anliegen allein gelassen oder ignoriert werden. Längst ist bekannt, dass Unternehmen zwischen sogenannten „Key-Accounts“ (wichtigen Schlüsselkunden) und C-Klasse-Kunden unterscheiden, die nur geringe Bedeutung für den Umsatz einer Firma haben. In zahlreichen Seminaren wird Verkaufspersonal und Dienstleistern vermittelt, wie man Kunden gewinnt, mit ihnen umgeht und wie man Kunden hält. Ohne Frage ist das wichtig, schon allein aus dem richtigen Verständnis des zwischenmenschlichen Umgangs heraus. Schließlich sollte man sich so verhalten, wie man selber behandelt werden möchte.

Große Konzerne oder Ketten können es sich schon eher „leisten“ als kleinere und kleinste Unternehmen, rüde mit der Kundschaft zu verfahren. Ob nun der Konsument wegbleibt oder nicht, fällt in der Bilanz eines großen Konzerns kaum auf. Anders sieht es im Klein- und Mittelstand aus. Bei diesen, die auch die Mehrheit der Wirtschaft stellen, wird um die Kunden regelrecht gekämpft, manchmal sogar bis zur Schmerzgrenze. In einem Markt, der stark von Verdrängung geprägt ist, haben wir Verbraucher die Serviceformel „Der Kunde ist König“ verinnerlicht. Doch zunehmend muss man sich auch als Unternehmer fragen: „Wie weit darf ein Kunde gehen?“ Wenn jemand wie ein König behandelt werden möchte, dann muss dieser sich auch wie ein König verhalten und nicht wie ein Tyrann.

Manche Verbraucher können Firmeninhaber und ihre Mitarbeiter in den Wahnsinn treiben. Dieser Kundentypus vergreift sich im Ton, kommt nach Vertragsschluss mit immer neuen Forderungen, schikaniert das Personal, übertreibt es mit „Reklamationen“ und bei der Bezahlung kommt es zu erheblichen Verzögerungen, wenn nicht gar zu Verweigerungen. Der Weg zum Rechtsanwalt ist schließlich in solchen Fällen der einzige Ausweg. Wie viel darf man sich also als Mitarbeiter oder als Unternehmer gefallen lassen?

In schwerwiegenden Situationen wie bei offensichtlichem Diebstahl, Zechprellerei oder gar sexuellen Übergriffen ist das Gesetz auf der Seite des Geschädigten. Für alle anderen Fälle gilt, selber Grenzen zu ziehen, ab wann eine Zusammenarbeit oder ein Service beendet wird. Hier muss jeder Unternehmer sehen, wie weit er Verhaltensweisen von Kunden toleriert und wo Grenzen überschritten werden. Diese sollte ein Chef klar definieren und seinen Mitarbeitern auch in aller Deutlichkeit mitteilen – zu ihrem eigenen Schutz. Aber das setzt voraus, dass der Firmeninhaber auch zu seinen Angestellten steht. Es ist schon oft vorgekommen, dass einem Mitarbeiter aus Angst, einen Kunden zu verlieren, die Loyalität des Chefs entzogen wird. Und das, obwohl der Angestellte im Recht war.

Eine Experten-Empfehlung lautet, dem Kunden bei unangemessenem Verhalten klarzumachen, dass eine Grenze überschritten wurde. Bei vertraglichen Vereinbarungen ist das häufig durch die Fixierung der Leistungen leichter als bei rein verbalen Situationen. Dennoch sollte ein: „Stopp, so nicht. Hier geht es nicht weiter!“ unmissverständlich sein. Wird diese Warnung ignoriert, sollte man die Geschäftsbeziehung beenden. Je nach Bedeutung des Kunden für das Unternehmen fällt dieser Schritt schwer, denn er kann gravierendere finanzielle sowie rechtliche Auswirkungen haben. Hier ist entscheidend, welche rechtlichen, vertraglichen Rahmenbedingungen gegeben sind. Wenn man sich unsicher ist, sollte ein Unternehmer sich entweder bei der Kammer Rat holen oder bei einem Rechtsbeistand.

Es gibt keine Patentrezepte, wenn der Kunde sich eher als Tyrann denn als König aufspielt. Aber auch, wenn die Situation angespannt ist, ist sehr zu empfehlen, respektvoll, aber dennoch klar und deutlich mit dem Kunden über die Lage zu sprechen. Eine Begründung, warum es zu diesem Gespräch kommt und womit und warum eine Grenze überschritten wurde, gehört dazu – mit entsprechenden Konsequenzen. Daher sollten Sie sich dieser Grenzen von vornherein bewusst sein.

Einer eventuellen üblen Nachrede kann man sich kaum erwehren, daher sollten so früh wie möglich klare Regeln aufgestellt werden. Das Ende einer Geschäftsbeziehung ist mit einer Scheidung vergleichbar. Verschiedene Phasen spielen sich während dieser Zeit ab: Wut, Leugnen, Trauer. Am Ende steht aber das erlösende Loslassen und Neuanfang ist möglich.

Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollte man gleich zu Beginn einer Geschäftsbeziehung für klare Kommunikation, größtmögliche Transparenz und Respekt sorgen. So kommt es zu einer Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe – von König zu König.

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