Gefangen im Bermuderdreieck: Rezession, Investition und Doppelmoral

Die österreichische Wettbewerbsfähigkeit sinkt kontinuierlich, schrieb das Wirtschaftsblatt Mitte November und veröffentlichte dazu eine Studie. Es wurden 250 Manager befragt, die den heimischen Standort bewerten sollten. Initiator dieser Untersuchung war die private Initiative Future Business Austria (FBA). Das erschreckende Ergebnis lautete: Nur ein Prozent der Befragten ist der Meinung, dass die Maßnahmen der Politik „voll und ganz ausreichend“ sind, um das Land künftig konkurrenzfähig zu halten.

Fiskalratspräsident Bernhard Felderer, der an der volkswirtschaftlichen Einordnung der Befragungsergebnisse beteiligt war, kommentierte: „Es fehlt eine klare politische Vorwärtsstrategie für den Standort im internationalen Wettbewerb. Zudem verhindert die hohe Staatsverschuldung mit klassischen Instrumenten der Standortpolitik, zum Beispiel mit Investitionen in die Infrastruktur, die Impulssetzung. Wenn wir mithalten wollen, muss in Bereiche wie Infrastruktur oder Bildung auch in Zeiten von Rezessionen investiert werden.“ Seine ernüchternde Einschätzung wird von über 60 % der befragten Manager gestützt. (Quelle: Wirtschaftsblatt, 16.11.2015, aus: Schlechte Noten für den Standort Österreich)

Es ist ein „alter Hut“ in der Wirtschaft, dass antizyklisch investiert werden soll und dies auch in Zeiten von rezessionellen Anzeichen. Dazu braucht es Mut, darauf zu vertrauen, dass sich Investitionen auszahlen. Wer ein Unternehmen gründet, sollte von Beginn an, Mut haben. Ohnedem steht es unter einem ungünstigen Stern. Denn: Ob das, was man sich – gewissenhaft – ausrechnet, aufgeht, kann selbst der ausgefeilteste Businessplan nicht garantieren. Fehlt es also an Mut?

Natürlich ist es verständlich, dass man in unruhigen, wirtschaftlichen Zeiten vorsichtiger wird. Die Gefahr besteht aber, dass aus gesunder Zurückhaltung Angst wird. Diese lähmt. In solchen Momenten wird meistens der Ruf nach der Politik laut. Die Politik kann nur einen Rahmen schaffen. Sie kann und soll im Verständnis einer freien – sozialen – Marktwirtschaft nur unterstützend helfen. Das eigentliche Handeln obliegt den Unternehmern selbst, gleich, welche Größe der Betrieb hat. Nimmt die Furcht vor negativen Entwicklungen zu, dann beginnt eine Abwärtsspirale mit synergetischen Effekten.

Die ungünstige Ausgangslage wird zudem durch eine Doppelmoral begünstigt, die wir nahezu alle täglich betreiben: Auf der einen Seite wird Regionalität, die eigene, solide Preisgestaltung gerechtfertigt, unfaires Verhalten des Wettbewerbs angeprangert und auf Freundlwirtschaft geschimpft. Hand aufs Herz, wie sieht anderseits die Realität aus? Es ist zwar richtig, dem alten kaufmännischen Gesetz zu folgen „Der Gewinn liegt im Einkauf.“. Jedoch treibt auf Sicht der Einkauf beim Discounter in den Ruin. Mit jedem nur nach dem Preis ausgerichteten Handeln, graben wir uns gegenseitig das Wasser ab. Keiner kann sich von diesem Verhalten frei sprechen: Sei es die Bestellung bei „Flyeralarm“, bei Bürobedarf-Discountern oder der Familieneinkauf beim Hofer. Extrem wird es, wenn wie in unserer Branche – der Kreativwirtschaft – beispielsweise grafische Leistungen in Indien eingekauft werden und als heimisches Produkt teuer verkauft wird. Ein anderes Beispiel sind die Dumpingangebote bei Ausschreibungen, die keiner realen wirtschaftlichen Grundlage entsprechen. Das ist in jeder Branche zu finden. Hier könnte die Politik zumindest bei öffentlichen Ausschreibungen anders handeln und Signale setzen. Das Gegenteil ist zum Ärger aller oft der Fall.

Kommen Rezession, Investitionsangst und Doppelmoral zusammen, so befinden sich Wirtschaft und ihre Akteure in einen sprichwörtlichen Bermuderdreieck. Eine aussichtslose Lage? Auf keinen Fall! Das Rückbesinnen auf ursprüngliche, unternehmerische Tugenden ist ein wirksames Mittel, diesem unheilvollen Dreieck zu entkommen. Der erste Schritt dazu ist Mut, um aufrichtig zu reflektieren, mit gesundem Menschenverstand zu analysieren, betriebswirtschaftlich realistisch zu entscheiden, Schluss mit der scheinheiligen Doppelmoral zu machen und wieder gewissenhaft in die Zukunft zu investieren.

Die bevorstehenden Feiertage bieten eine gute Gelegenheit, sich auch ökonomisch zu besinnen und neu auszurichten.

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